Mamasein in Schottland

Mamasein in Schottland

In meiner Reihe "Mamasein in ..." geht es heute zu Tabea nach Schottland. Sie lebt seit 5 Jahren in Edinburgh. 

Davor hat sie 10 Jahre lang in England gelebt, vor allem in London und Cambridge. Ursprünglich ist Tabea fürs Studium nach England gekommen, danach wollte sie noch etwas Arbeitserfahrung sammeln. In dieser Zeit hat sie ihren Mann kennengelernt, der aus der Schweiz kommt und nun in Edingburgh an der Uni arbeitet. Die Familie hat zwei Söhne (4 und 2 Jahre alt) und gerade noch ein kleines Mädchen bekommen. 

Tabea schreibt auch auf ihrem Blog "Den Löwenzahn lieben" über das Leben als Familie in Schottland. 

Quelle: Tabea privat

1) Wir bereiten sich die Mütter in Schottland auf die Geburt des Kindes vor?

In Schottland kümmern sich eigentlich ausschließlich Hebammen um die Schwangeren. Die Fachärzte arbeiten alle in Krankenhäusern, und es gibt daher keine niedergelassenen Frauenärzte im deutschen Sinne, und wenn man eine normale Schwangerschaft hat bekommt man so eigentlich auch keinen Gynäkologen zu Gesicht. Bei Risikoschwangerschaften ist das natürlich anders – da muss man dann öfter mal ins Krankenhaus zur Kontrolle. Bei einer normalen Schwangerschaft sieht man im etwa vierwöchigen Abstand eine Hebamme. 

Es gibt zwei Ultraschalluntersuchungen – eine in etwa der zwölften Woche und eine in der zwanzigsten Woche. Dazu muss man ins Krankenhaus in die Ultraschallabteilung. Nach der Geburt ist man noch für etwa 10 Tage unter der Fürsorge der Hebammen, danach wird man an das Health Visiting Team übergeben, die kümmern sich um Kinder bis zum Schulalter. 

Es gibt hier auch keine niedergelassenen Kinderärzte, die Allgemeinärzte (GPs) behandeln auch alle Kinder. Die vielen U-Untersuchungen durch den Kinderarzt gibt es hier auch nicht. Im ersten Jahr wird die Entwicklung des Kindes durch die Health Visitors überprüft, und dann gibt es noch einmal eine größere Untersuchung, wenn das Kind 27 Monate alt ist.

Es gibt sogenannte Antenatal Kurse – das sind 4 mal 2 Stunden, die bereiten Eltern auf die Geburt und auf das Leben mit Baby vor. Ich glaube die werden allerdings nur bei der Geburt des ersten Kindes angeboten. 

Quelle: Pixabay.de

2) Wo findet die Geburt statt und sind die Väter der Kinder oder andere Verwandte dabei? 

Man kann entweder im Krankenhaus gebären, im Geburtshaus oder zu Hause. Je nachdem ob man eine Risikoschwangerschaft hat oder nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass es hier vielleicht mehr Hausgeburten als in Deutschland gibt. Die Väter sind im Allgemeinen dabei. Es gibt hier auch sogenannte Doulas, die man anstellen kann (die muss man aber selbst anstellen und bezahlen). Das ist eine Frau, die keine medizinische Ausbildung hat, die einer werdenden Mutter vor, während und nach der Geburt als emotionale und physische Begleiterin zur Seite steht. Wir hatten eine Doula für die Geburt unseres zweiten und dritten Kindes, weil wir hier keine Verwandtschaft haben und mein Mann sich so um die anderen Kinder kümmern kann und ich mir so keine Sorgen darum machen muss. 

Edinburgh/ Quelle: Pixabay.de

3) Wie gestaltet sich die erste Zeit mit dem Neugeborenen? Gibt es in Schottland auch so etwas wie Elternzeit? 

Gesetzlich bekommt die Frau in den ersten 6 Wochen 90% ihres Gehaltes und danach 33 Wochen lang bis zu £145 pro Woche und danach nichts mehr. Viele Arbeitgeber zahlen da noch was drauf. Nach spätestens einem Jahr muss die Frau zurück zu ihrem Arbeitsplatz, der genaue Zeitpunkt hängt davon ab, wann sie in Mutterschaftsurlaub gegangen ist. 

Es gibt hier keinen Mutterschutz wie in Deutschland, theoretisch kann die Frau bis zum Geburtstermin arbeiten. Die meisten Frauen, die ich kenne arbeiten nach dem Mutterschaftsurlaub in Teilzeit. Jede Frau hat das Recht Teilzeit von ihrem Arbeitgeber zu beantragen, aber es muss ihr nicht bewilligt werden. 

Nein, es gibt keine Elternzeit, leider. Der Mann hat eine Woche bezahlten Vaterschaftsurlaub, und kann dann noch eine Woche nehmen, für die gibt es aber nur 140 Pfund. 

Quelle: Tabea privat

4) Gehen die Kinder in den Kindergarten? 

Ja. Die meisten Kinder gehen in eine Nursery (Kita). Es gibt hier sehr viele private Nurseries die Kinder ab dem Babyalter bis hin zum Vorschulalter haben. Diese Nurseries sind sehr teuer, wobei der Staat geringe Zuschüsse gibt (etwa 20% der Kosten). Ab ungefähr 3 oder 3 ½ Jahren bekommt man außerdem noch einen Zuschuss von der Gemeinde für die Kinderbetreuung. Ab diesem Alter kann man sein Kind auch an eine kommunale Vorschule geben. Das ist dann wie ein Kindergarten. Unser Sohn geht zur Zeit für 3 Stunden jeden Tag zu solch einer Einrichtung und wir müssen gar nichts dafür bezahlen. Es gibt Pläne diese Stundenanzahl zu erweitern.

5) Und wann beginnt die Schule?

Wenn die Kinder 5 bzw. 4 Jahre alt sind. Das hängt vom Geburtsdatum ab. Unsere beiden Söhne haben im März bzw. April Geburtstag und müssen erst mit 5 in die Schule. Hätten sie im Februar oder Januar Geburtstag wäre die Einschulung bereits mit 4 Jahren. 

6) In Deutschland liegt die Erziehung des Kindes mittlerweile ja hauptsächlich bei den Eltern. Ist das in Schottland auch so oder sind dort weitere Verwandte beteiligt? 

Das ist hier auch so. 

Quelle: Tabea privat

7) Wie wichtig ist Euch die Familie? 

Familie ist uns sehr wichtig. Mein Mann und ich kommen aus jeweils großen Familien und wollten auch immer mehrere Kinder haben. Hier im Ausland vermissen wir oft unsere eigenen Großfamilien, können an vielen Geburtstagen und anderen Familientreffen nicht dabei sein. 

8) Jede Kultur hat ihre traditionellen Gerichte. Was essen Kinder in Schottland gerne?
Maccaroni Cheese (Nudeln in Käsesoße gebacken), Fischstäbchen, Fish and Chips, Cauliflower Cheese (Blumenkohl in Käsesoße gebacken). Nudelgerichte. Porridge zum Frühstück. Apple Crumble mit Vanillesoße zum Dessert.

Fish and Chips/ Quelle: Pixabay.de

9) Und sieht die Brotdose für die Schule genauso aus, wie bei den deutschen Kindern?
In einer normalen schottischen Brotdose findet man wahrscheinlich folgende Dinge: Sandwich, eine Tüte Chips, Joghurt, Früchte, Saft oder Wasser.

10) In Deutschland schlafen die Babys und Kinder früh in eigenen Betten und Kinderzimmern oder die Familien haben sogenannte Familienbetten. Wie schlafen die Babys und Kinder in Schottland? 

Offiziell wird empfohlen dass Babys mindestens bis zu 6 Monaten im Schlafzimmer der Eltern schlafen. Offiziell wird auch empfohlen, dass Babys in ihrem eigenen Bett auf dem Rücken schlafen sollen (wegen des plötzlichen Kindstodes) Ich persönlich kenne viele Eltern, die ihre Kinder im Familienbett schlafen lassen, aber die Mehrheit der Eltern wird die Kindern wohl im eigenen Bett und bald wohl auch im eigenen Zimmer schlafen lassen. 

Edinburgh/ Quelle: Pixabay.de

11) Was ist in der Erziehung von Kindern in Schottland anders, als bei deutschen Kindern? 

Um ehrlich zu sein: ich habe keine Ahnung. Es gibt ja so viele verschiedene Erziehungsstile, und die findet man natürlich hier auch alle. Bis jetzt habe ich noch nicht herausgefunden, welcher Erziehungsstil typisch schottisch ist – ausser, daß die Kinder selbst im Winter oft im T-shirt herumlaufen, während unseren Kinder total eingepackt sind! Aber vielleicht gibt es auch keinen typisch deutschen Erziehungsstil mehr? 

Quelle: Tabea privat

12) Wie wichtig ist der Glaube und gibt es besondere Festtage? 

Nur noch eine Minderheit der Schotten sind in der Kirche. Nur an den Weihnachtsfeiertagen haben die Geschäfte hier wirklich zu. An allen anderen Feiertagen und auch an Sonntagen kann man ganz normal einkaufen gehen (zumindest in den Städten, auf dem Land mag das anders sein). Sogar an Karfreitag und Ostermontag hat die Universität ganz normal geöffnet. 

Das schottische Hogmanay (Sylvester) wird hier groß gefeiert und es gibt sogar einen extra Feiertag für den zweiten Januar. Um den 25. Januar herum feiert man die Burns Night für den schottischen Dichter Robert Burns. Da gibt es dann das schottische Nationalgericht Haggis mit Kartoffel- und Rübenstampf. Haggis ist gekochter Schafsdarm mit Innereien und Hafer etc. Es gibt auch eine vegetarische Version davon. Außerdem gibt es Ceilidhs – das sind schottische Gruppentänze. Die gibt es aber auch das ganze Jahr über und auch extra für Kinder – das macht der ganzen Familie Spaß. 

Quelle: Tabea privat

13) Lebt ihr zu Hause mehr wie eine deutsche oder wie schottische Familie?  

Ich würde sagen, eher wie eine deutsche/schweizerische Familie, aber doch mit vielen schottischen Einflüssen. 


Vielen Dank liebe Tabea, für das schöne Interview und den tollen Einblick in das "Mamasein in Schottland"



***  
Wenn Ihr auch eine Mama in einem anderen Land seid und Lust habt, bei meiner neuen Reihe mitzumachen, meldet Euch unter info(at)zuckersuesseaepfel.de. Ich freue mich darauf.

Und hier könnt Ihr alle bisherigen Interviews in meiner Reihe "Mamasein in ..." noch mal nachlesen: 




  1. Hallo Tanja,ich finde deine Serie sehr interessant.Manches ist in anderen Ländern vielleicht besser,manches schlechter,manches einfach nur anders.Im allgemeinen läuft es bei uns gar nicht so schlecht,was Kinderbetreuung, medizinische Versorgung usw.angeht,habe ich den Eindruck.
    Alles Gute für dich und viele Grüße,
    Monika

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    1. Hallo liebe Monika,
      ja, da hast Du recht. Ich habe auch das Gefühl, uns geht es hier in Deutschland als Familien nicht schlecht und so wird es einem mal wieder bewusster.

      ganz liebe Grüße, Tanja

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  2. Eine total interessante Beitrags-Serie. Das Mamasein ist tatsächlich in jedem Land anders. Ich lebe in Italien mit meinem italienischen Mann und den bald zwei Kindern (ich schreibe auch meinen Mamablog von hier aus).
    Ich finde es interessant, dass die Kinder in Schottland teilweise schon mit 4 Jahren in die Schule kommen. Das ist ganz schön früh. Aber dann sind sie halt früher mit der Schule fertig, was ja auch seine Vorteile hat.
    Liebe Grüße!

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    1. Ich finde die Unterschiede auch sehr interessant und so vielfältig. Vier Jahre ist wirklich sehr früh, da wäre mein Kleiner noch zu jung für. Wenn Du Lust hast, würde ich mich sehr freuen, wenn Du auch mitmachst. Aus Italien hat sich bisher noch keine Mama gemeldet. Schreib mir gerne an info@zuckersuesseaepfel.de Ganz liebe Grüße, Tanja

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    2. Sehr gerne. Ich habe dir eine E-Mail geschrieben. Liebe Grüße. :)

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  3. Oh bitte noch mehr :) Es ist so spannend diese Reihe zu verfolgen, würde am liebsten jeden Tag einen neuen "Mamasein in...- Beitrag" lesen!

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    1. Das freut mich sehr, es kommen auf jeden Fall noch weitere. Ich bin ganz begeistert, wie viele Mamas sich melden.

      Liebe Grüße, Tanja

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  4. Das war sehr interessant!! Jetzt muss ich die andere Mamas noch lesen!!!
    Lieben Gruß,
    Johanna (zjinzjit)

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    1. Unbedingt, es ist so toll die vielen Unterschiede zu sehen.

      Liebe Grüße, Tanja

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